Über Individualität und Akzeptanz

Wenn Pferde reden würden...

... würden sie uns wahrscheinlich ziemlich oft einen Vogel zeigen und sagen "Du spinnst doch". Wir verlangen ja auch manchmal wirklich seltsame Sachen von unseren Pferden. Im Kreis drehen, auf irgendwelche Sachen draufsteigen, Seitwärtsgehen über Sachen drüber springen und so weiter und so weiter. Wir Menschen rechtfertigen das mit Sätzen wie "Ich möchte mein Pferd durch die Arbeit schöner machen" oder "Dem macht das Spaß, der braucht Beschäftigung für den Kopf" oder "Er springt einfach so gerne". Und oft ist es ja tatsächlich so, dass vielen Pferden die Arbeit unheimlich viel Spaß macht und sie alles motiviert machen. Manche Pferde haben da aber einfach keinen Bock drauf.

 

Ich kenne viele Pferde, die sind total klasse, gehen brav ins Gelände, sind artig und wirklich absolute Verlasspferde. Und dann kommt ein supereifriger Besitzer, der unbedingt zum Beispiel (weil es grade so im Trend ist) Zirzensik machen möchte. Nur möchte das Pferd das vielleicht nicht. Wenn man dann mit dem grundlegenden Beine touchieren anfängt und die Reaktion des Pferde sich in Grenzen hält, nicht weil es das nicht versteht sondern weil es einfach nicht möchte und das auch nach wochenlangem Training nicht besser wird (wir gehen mal davon aus, dass das Pferd gesundheitlich durchgecheckt ist) sollte man sich als Besitzer die Frage stellen "Muss mein Pferd das WIRKLICH lernen?". Reicht es nicht, dass ich ohne Probleme bei Wind und Wetter über Land, Feld und Wald alleine und mit anderen Pferde ausreiten kann? Dass mein Pferd beim Schmied und beim Tierarzt artig ist? Dass es eigentlich nie Schwierigkeiten macht, egal in welcher Situation?  Sicherlich kann man mit viel Geduld und Motivation auch viel erreichen, aber gehen wir dann noch auf den Charakter, die Individualität unseres Pferdes ein? Ist es nicht viel mehr wie ein Kind, das Geige lernen muss obwohl es lieber Ballett machen würde?

 

Wir brüsten uns damit, wir würden Pferdesprache sprechen und unser Pferd so gut kennen und es verstehen, aber manchmal vergessen wir über all das Verstehen das Zuhören. Und das kommt vor dem Verstehen. Ich kann den Wunsch nach Außergewöhnlichkeit verstehen, dass man ausprobieren möchte (natürlich am liebsten mit Erfolg) was so viel Anklang in den Sozialen Medien findet. Aber so wie es unter uns Menschen einige gibt, denen Tanzen einfach keinen Spaß macht, auch wenn sie es könnten, gibt es unter den Pferden einige, die sich einfach nicht für ein Leckerli um sich selbst drehen möchten. 

 

Ein Pferd, das keine besonderen Dinge kann ist nicht besser oder schlechter als andere und die Pferde wissen das auch, denn denen sind Likes egal. Wir sollten uns ein Beispiel daran nehmen und unsere Pferde so nehmen und akzeptieren wie sie sind, egal ob mit oder ohne Kompliment.